Regulatory Update: Minimierung von Fehlerrisiken bei der Gebrauchstauglichkeit

Martin Schmid zugeschnitten 150xpixDas Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) schreibt in seinem Jahresbericht 2012/13: „Untersuchungen zeigten, dass ein großer Anteil vermeidbarer Zwischenfälle bei der Anwendung von Medizinprodukten auf menschliche Fehler zurückzuführen ist. Auch wenn der Fehler letztlich beim Anwender bzw. der Anwenderin auftritt, so liegen die Ursachen in Wirklichkeit jedoch oft in einer fehlerförderlichen Gestaltung der Medizinprodukte…“

Medizinprodukte müssen also gebrauchstauglich sein, um Handlungs- und Anwendungsfehler mit potentiell gravierenden Auswirkungen zu vermeiden. Gebrauchstauglichkeit ist wesentlicher Teil regulatorischer Anforderungen rund um den Globus. Harmonisierter Standard in Europa ist die IEC EN 62366.

Was bedeutet Gebrauchstauglichkeit / Usability?

Gebrauchstauglichkeit trifft eine Aussage darüber, wie weit klar festgelegte „Nutzungsziele“ – man könnte auch Zweckbestimmung dazu sagen – durch den vorgesehenen Benutzerkreis und im vorgesehenen Umfeld erreicht werden können. Damit ist Gebrauchstauglichkeit etwas Relatives, das erst durch Nutzer und Nutzungsumgebung seine endgültige Bedeutung bekommt.

Damit wird auch klar, dass die Aussage des Herstellers darüber, in wie weit das Ziel der Gebrauchstauglichkeit erreicht wurde – also die Validierung der Gebrauchstauglichkeit – nur unter möglichst realen Bedingungen möglich ist.

Folgt man diesem Gedanken konsequent weiter, ergibt sich freilich, dass das Ergebnis hoher Gebrauchstauglichkeit die Summe von Eigenschaften ist, die durch einen entsprechend darauf ausgelegten Entwicklungsprozess dem Medizinprodukt mitgegeben wird.

Genau darum geht es in der IEC EN 62366. Die Norm fordert einen gebrauchstauglichkeitsorientierten Entwicklungsprozess, dessen Resultate in der Gebrauchstauglichkeitsakte zu dokumentieren sind.

Wesentliche Anforderungen der Gebrauchstauglichkeitsakte sind:

a) die Spezifikation der Gebrauchstauglichkeit, die auf der vorgesehenen Anwendung (Zweckbestimmung, Patient, Benutzer, Umfeld), den Hauptbedienfunktionen (häufig benutzte Funktionen und sicherheitsbezogene Funktionen) und vorhersehbaren Gefährdungen in Zusammenhang mit Gebrauchstauglichkeit beruhen.

Weiters ist in dieser Entwicklungsphase ein Validierungsplan für Gebrauchstauglichkeit zu erstellen.

b) die Verifikation der technischen Umsetzung der Spezifikation der Gebrauchstauglichkeit

c) die Validierung der Gebrauchstauglichkeit gemäß dem Validierungsplan. Wichtige Anmerkung der Norm ist, dass auch die Begleitpapiere (Gebrauchsanweisung) Gegenstand der Validierung der Gebrauchstauglichkeit sein müssen.

Interessanterweise legt die IEC EN 62366 auch ganz konkrete Inhalte für die Begleitpapiere fest. U.a. Angabe der Zweckbestimmung, Beschreibung des Medizinproduktes, in Zusammenhang mit der Gebrauchstauglichkeit mindestens die Funktionsweise, die wesentlichen physischen Merkmale und Leistungsmerkmale sowie die vorgesehenen Benutzerprofile.

Derzeit ist die IEC EN 62366 aus dem Jahr 2007 in Überarbeitung. Der Norm-Entwurf für die 2. Ausgabe liegt momentan als DIS (Draft International Standard) vor. Mit der 2. Ausgabe wird die IEC 62366 in zwei Dokumente aufgespalten: A) IEC 62366-1, die den Prozess beschreibt, und B) IEC 62366-2, welche Erläuterungen für den Gebrauchstauglichkeitsprozess enthält.

Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen bei der Anwendung der IEC EN 62366 für Ihre Medizinprodukte und helfe Ihnen bei Fragen gerne weiter:

DI Martin Schmid
Geschäftsführer, en.co.tec Schmid KG


Falls Sie weitere Fragen zu diesem Thema haben, empfehlen wir Ihnen auch unser nächstes Seminar: Anwendung der Gebrauchstauglichkeit auf Medizinprodukte – EN 62366 am 5. März 2015 in Wien.