Medical Software: Neue Qualifizierung und Klassifikation

Dr. Martin Zauner

Dr. Martin Zauner

Bei Medizinischer Software kommen einige Änderungen auf Sie zu. Dr. Martin Zauner, Experte von der Fachhochschule Oberösterreich, fasst für Sie zusammen, welche neuen Normen und geänderten Rahmenbedingungen in der nächsten Zeit umzusetzen bzw. zu berücksichtigen sind.

Neue EU-Verordnung

Am 27. Juni 2016 wurde der Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Medizinprodukte veröffentlicht. Dabei ist festgehalten, dass Software als solche, wenn sie vom Hersteller speziell für einen oder mehrere der in der Definition von Medizinprodukten genannten medizinischen Zwecke bestimmt ist, als Medizinprodukt gilt, während Software für allgemeine Zwecke, auch wenn sie in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung eingesetzt wird, sowie Software, die für Anwendungen in den Bereichen Lebensstil und Wohl-befinden eingesetzt wird, kein Medizinprodukt ist. Die Einstufung der Software, entweder als Produkt oder als Zubehör, ist unabhängig von ihrem Ort und von der Art ihrer Verbindung mit einem Produkt.

Neue Klassifizierungsregel 10a

Aufbauend auf dieser weitgehend bekannten Abgrenzung für Software-Medizinprodukte findet sich im Entwurf bei den Klassifizierungsregeln eine neue Regel 10a für Software.

Diese stellt fest, dass Software, die dazu bestimmt ist, Informationen zu liefern, die zu Entscheidungen für diagnostische oder therapeutische Zwecke herangezogen werden, zur Klasse IIa gehört.

Es sei denn, diese Entscheidungen haben Auswirkungen, die direkt oder indirekt Folgendes verursachen können:

  • den Tod oder eine irreversible Verschlechterung des Gesundheitszustands. In diesem Fall wird sie der Klasse III zugeordnet.
  • eine schwerwiegende Verschlechterung des Gesundheitszustands oder einen chirurgischen Eingriff. In diesem Fall wird sie der Klasse IIb zugeordnet.

Software, die für die Kontrolle von Körperfunktionen bestimmt ist, gehört zur Klasse IIa, es sei denn, sie ist für die Kontrolle von vitalen physiologischen Parametern bestimmt, bei denen die Art der Änderung zu einer unmittelbaren Gefahr für den Patienten führen könnte. In diesem Fall wird sie der Klasse IIb zugeordnet.

Sämtliche andere Software wird der Klasse I zugeordnet.

Software als IVD-Produkt

Da IVDs auch Medizinprodukte sind, kann Software auch ein IVD-Produkt sein. Für IVDs wird es eine IVD-Verordnung auf europäischer Ebene geben.

Der aktuelle Status quo zur Qualifizierung und Klassifikation von Software-Medizinprodukten findet sich im Leitfaden MEDDEV 2.1/6.

ISO 62304 / 2. Ausgabe und IEC 82304-1

Für die Entwicklung und Wartung von medizinischer Software sind die Grundsätze der Berücksichtigung der Software-Lebenszyklusprozesse, des Risikomanagement, der Informationssicherheit und der Verifikation und Validierung maßgeblich.

Die beiden zentralen Normen dazu werden die Normen EN ISO 62304 in ihrer 2. Edition sowie die neue Norm IEC 82304-1 sein. Der Fokus der beiden Normen liegt auf „Health Software“ („Health Software – Lebenszyklusprozesse“ bzw. „Health Software – Requirements for product safety“), unter welche auch medizinische Software fällt.

Die künftige Normenstruktur soll nun den gesamten Lebenszyklus medizinischer Software auf Entwicklungs- und Produktebene abdecken.

FH-Prof. Dr. Martin Zauner
FH Oberösterreich, Dekan Studiengang Medizintechnik