Regulatory Update: Neue EU-Verordnungen & Jahresrückblick
Ein stürmisches Jahr punkto Regulatory Affairs liegt hinter uns. Im Jänner 2016 erreichte uns die Nachricht, dass die benannte Stelle „TÜV Austria Services GmbH“ geschlossen wird. Im Herbst wurde bekannt, dass die PMG in Graz nicht weiter als benannte Stelle geführt werden soll. Damit gibt es in Österreich keine benannte Stelle: eine Auswirkung der verschärften Vorgehensweise der Europäischen Kommision bei der Überwachung der benannten Stellen infolge des Skandals um die gefälschten Brustimplantate der französischen Firma PIP.
Benannte Stellen
Für etliche Hersteller in Österreich bedeutet das, dass sie einen Wechsel der benannten Stelle durchführen mussten oder noch müssen. Aufgrund der allgemeinen Verringerung der benannten Stellen in Europa – von ca. 80 auf ca. 40 – kein leichtes Unterfangen. Beträchtliche Wartezeiten, gestiegene Anforderungen und höhere Kosten sind die wesentlichen Hürden, mit denen momentan viele Hersteller zu kämpfen haben.
Qualitätsmanagementsystem (ISO 13485:2016)
Im März 2016 erschien die Revision der ISO 13485. Damit gilt für Sie als Medizinprodukte-Hersteller eine überabeitete Norm, die Sie bis spätestens 31. März 2019 umsetzen müssen.
Die wesentlichen Änderungen bei den Normforderungen sind:
Regulatorische Anforderungen (International)
Die Änderungen beziehen sich nicht nur auf die lokalen Anforderungen, sondern – wenn die Organisation ihre Medizinprodukte weltweit vertreibt oder vertreiben möchte – auch auf die relevanten internationalen regulatorischen Anforderungen.
Risikomanagement
Das Thema durchdringt die Norm. Es wird gefordert, das Risikomanagement in alle wesentlichen Qualitätssystemprozesse in Ihrem Unternehmen zu integrieren. Alle Prozesse und Aktivitäten müssen von diesem risikobasierten Ansatz geleitet sein und zeigen, dass diese dem Risiko angemessen sind.
Design & Entwicklung
(Validierung, Verifizierung, Design-Transfer und Design & Entwicklungsakten)
Die Norm strukturiert diese Aktivitäten viel besser als bisher. So müssen Pläne und Nachweise zur Validierung, Verifizierung und Designtransfer vorhanden sein. Auch der von der FDA bekannte „Design History Record“ wird nun explizit gefordert.
Ausgelagerte Prozesse und Lieferanten
Die Anforderungen der Norm sind deutlich höher als bisher, wenn es um ausgelagerte Prozesse und Regelungen zur Auswahl und laufenden Bewertung von Lieferanten geht.
Reklamationen bzw. Wartung und Service
Schließlich fordert die Norm, dass die Leistung des Qualitätsmanagementsystems auch Post-Production – also nach dem Inverkehrbringen – gemessen werden muss. Dieser Fokus auf Post-Production muss auch noch deutlicher im Risikomanagement verankert werden.
Validierung
Validierung wird wesentlich aufgewertet und wird nun insbesondere in Zusammenhang mit Software explizit gefordert (QM System-, Produktions- und Prüfsoftware).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es sich bei den Änderungen um die Weiterenwicklung der bekannten Konzepte handelt. Die neuen Normforderungen können aber je nach Ausgangssituation für Sie als Medizinprodukte-Hersteller doch einiges an Änderungsaufwand bedeuten.
Die neuen EU-Verordnungen für Medizinprodukte & IVD
Am 25. Mai 2016 einigte sich die EU auf neue Vorschriften für Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika.
Die neuen EU-Verordnungen werden folgende bisher gültige Richtlinien ersetzen: 90/385/EWG über Aktive Implantierbare Medizinische Geräte (AIMDD), 93/42/EWG über Medizinprodukte (MDD) und 98/79/EG über In-vitro-Diagnostika (IVDD). Ab der Veröffentlichung werden diese Verordnungen sofort EU-weit gültig sein (ohne nationale Umsetzung).
Aufgrund von Inkonsistenzen und technischen Mängeln verzögert sich die Veröffentlichung, sodass mit einem Inkrafttreten der neuen Verordnungen voraussichtlich im ersten Halbjahr 2017 zu rechnen ist. Nach dem Inkrafttreten ist eine Übergangsfrist von 3 Jahren für Medizinprodukte und 5 Jahren für In-Vitro Diagnostika vorgesehen. In dieser Zeit kann der Hersteller zwischen den beiden Regulatorien frei wählen.
Angenommen die Verordnungen werden am 1.7.2017 veröffentlicht, bedeutet das:
- für Hersteller von Medizinprodukten: Umstellung bis spätestens 30.6.2020,
- für Hersteller von IVD: Umstellung bis spätestens 30.6.2022.
Zertifikate nach den alten Richtlinien behalten noch max. 4 Jahre bei Medizinprodukten und 2 Jahre bei In-Vitro Diagnostika nach Ende der Übergangsfrist ihre Gültigkeit. Das wäre dann im angenommenen Fall, dass am 1.7.2017 die Veröffentlichung der Verordnungen stattfindet, sowohl bei Medizinprodukten als auch bei IVD der 30.6.2024.
Ausblick 2017
Das kommende Jahr wird von Umstellungen geprägt sein und wir werden Sie weiterhin am Laufenden halten.
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DI Martin Schmid
Geschäftsführer & Senior-Consultant en.co.tec