Stoffliche Medizinprodukte – „The Times they are a Changin`“
Stoffliche Medizinprodukte werden oftmals nicht als Medizinprodukte wahrgenommen, da die äußerliche Erscheinung schwer von Arzneimitteln zu unterscheiden ist (Darreichungsform, Aufmachung), und gelten daher als Borderlineprodukte im Medizinprodukterecht. Trotzdem erfüllen sie die Definition eines Medizinproduktes, da die Wirkungsweise nicht pharmakologisch, immunologisch oder metabolisch erreicht wird wie bei Arzneimitteln. Als Beispiele können salzwasserhaltige Nasensprays, bestimmte Abführmittel oder Lutschtabletten genannt werden.
Welche Änderungen bringt die neue Medizinprodukte-Verordnung hinsichtlich stofflicher Medizinprodukte?
Viele stoffliche Medizinprodukte wurden bisher als Medizinprodukt der Klasse I in Eigenverantwortung vom Hersteller CE gekennzeichnet. Nach Verstreichen der Übergangsfrist fällt diese Möglichkeit ab 26. Mai 2020 weg, da stoffliche Medizinprodukte höher klassifiziert werden und zumindest ein Medizinprodukt der Klasse IIa darstellen.
Danach ist keine Übergangsfrist vorgesehen, da Benannte Stellen nach der aktuell noch geltenden Medizinprodukterichtlinie für Medizinprodukte der Klasse I kein Richtlinien-Zertifikat ausstellen dürfen. Somit finden die Übergangsbestimmungen für Zertifikate für Medizinprodukte der Klasse I keine Anwendung.
Durch die neu eingeführte Klassifizierungsregel 21 (Anhang VIII der MDR)1 erfolgt eine Neuklassifizierung stofflicher Medizinprodukte (bestehend aus Stoffen oder Kombinationen von Stoffen):
- Klasse III, wenn die Stoffe oder deren Metaboliten systemisch vom menschlichen Körper aufgenommen wird um die Zweckbestimmung zu erfüllen;
- Klasse III, wenn die Zweckbestimmung im unteren Magen-Darmtrakt erfüllt wird, oder die Stoffe oder deren Metaboliten systemisch vom menschlichen Körper aufgenommen werden;
- Klasse IIa, wenn die Stoffe auf die Haut aufgetragen werden, oder in der Nasenhöhle oder Mundhöhle bis zum Rachen angewandt werden und ihre Zweckbestimmung in diesen Höhlen erfüllen;
- Klasse IIb, in allen anderen Fällen
Was bedeutet dies nun für Hersteller von stofflichen Medizinprodukten?
Da eine Einordnung in Klasse I gänzlich wegfällt, müssen künftig Benannte Stellen in das Konformitätsbewertungsverfahren eingebunden werden. Neben dem produktbezogenen Nachweis zur Erfüllung der grundlegenden Anforderungen wird auch ein Qualitätsmanagementsystem für Medizinprodukte (ISO 13485) zu erbringen sein.
Hersteller sollten sich so bald wie möglich damit auseinandersetzen, mit welcher Benannten Stelle sie ihre stofflichen Medizinprodukte re/zertifizieren werden. Da die Zahl der Benannten Stellen stark reduziert wurde, wird ein kritischer Faktor werden, eine Re/zertifizierung zeitgerecht mit einer Benannten Stelle in Angriff zu nehmen.2
Unser Tipp: Treten Sie so bald wie möglich mit einer Benannten Stelle in Kontakt, um die Möglichkeit der rechtzeitigen Zertifizierung sicherstellen zu können.
Gerne unterstützen wir Sie dabei, die neuen regulatorischen Herausforderungen mit Ihrem stofflichen Medizinprodukt zu meistern.
Rufen Sie uns an: 01-886 34 91 oder schreiben Sie uns: office@encotec.at
Dr. Benjamin Reutterer
Consultant en.co.tec