Aktueller Stand: MDR/IVDR, Österreichisches Medizinproduktegesetz, EUDAMED

In meinem Regulatory Update möchte ich Ihnen einen Überblick über den aktuellen Stand der EU-Verordnungen, des neuen österreichischen Medizinproduktegesetzes und der EUDAMED-Umsetzung geben.

Aktueller Stand der MDR / IVDR

Die EU-Verordnungen für Medizinprodukte und In-vitro Diagnostika (MDR und IVDR) sind seit 26.5.2017 In Kraft.  Mit 26.5.2021 endete die Übergangsfrist der MDR. Die Verordnungen stellen einen Meilenstein bei der Vereinheitlichung (Angleichung) der europäischen regulatorischen Anforderungen für die Wirtschaftsakteure der Medizinprodukteindustrie dar. Im Fokus stehen nach wie vor Hersteller, daneben sind nun aber auch Bevollmächtigte, Importeure und Händler sowie Gesundheitseinrichtungen betroffen.

Inzwischen stehen Herstellern von Medizinprodukten bereits 20 benannte Stellen für ein Konformitätsbewertungsverfahren nach MDR zur Verfügung, im Endausbau sollten es 49 sein. Daneben haben vor allem etablierte Hersteller auch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, vorhandene Bescheinigungen nach MDD bis 2024 zu verlängern. Zusätzlich wurde auch für durch die MDR höher klassifizierte Klasse I – Produkte die Übergangsfrist – unter bestimmten Bedingungen wohlgemerkt – ebenfalls bis 2024 erstreckt.

Vor anderen Herausforderungen stehen im verbleibenden Jahr die Hersteller von In-vitro Diagnostika. Hier gibt es einen gravierenden Unterschied. Lediglich 5 benannte Stellen für ein Konformitätsbewertungsverfahren nach IVDR (im Endausbau werden es nach heutigem Stand 14 sein) stehen einer Masse von erstmals zu zertifizierenden IVD-Produkten gegenüber.

Wichtiges Detail: Die Benannten Stellen in der „Pipeline“ nach IVDR dürfen außerdem erst nach ihrer erfolgreichen Notifizierung, Angebote für das Konformitätsbewertungsverfahren an IVD-Hersteller legen.

Aus der MDR-Erfahrung vergehen dann, von erfolgreicher Anfrage bei einer benannten Stelle bis zur „Zustellung“ der Bescheinigung, zwischen einem halben und einem Jahr.

Zählt man die aktuell unzureichende Verfügbarkeit benannter Stellen und reale „Lieferzeiten“ zusammen, scheint der 26.5.2022 für die meisten IVD-Produkte unrealistisch.

Eine Übersicht über die benannten Stellen in der „Pipeline“ finden sie hier.

Aktueller Stand beim österreichischen Medizinproduktegesetz

Aufgrund der einheitlichen europaweiten Regelungen der MDR, die seit 26. Mai 2021 gelten, muss das österreichische Medizinproduktegesetz dementsprechend angepasst werden.  In einzelnen Bereichen sind den EU-Staaten allerdings Gestaltungsspielräume verblieben, die nun das österreichische Medizinproduktegesetz nutzt.

Der Entwurf zum Medizinproduktegesetz (MPG 2021) langte am 13.4.2021 im Nationalrat ein. Ein drei Wochen langes Begutachungsverfahren folgte. Der erste Entwurf wurde nach zahlreichen Stellungnahmen noch deutlich nachgebessert. Diesem geänderten Entwurf wurde am 8.6.2021 im Gesundheitsauschuss des österreichischen Nationalrates zugestimmt. Interessante Details sind dem Bericht des Gesundheitsauschusses zu entnehmen.

Die Beschlussfassung des Medizinproduktegesetzes erfolgte im Nationalrat am 17.6.2021. Diskutiert wurden die neuen Regelungen zu klinischen Studien, der § 46 zum Implantatregister im Zusammenhang mit rezenten Vorkommnissen bei Intrauterinpessaren und der §82 (4) der Sonderbestimmungen für die sogenannten „Corona-Wohnzimmertests“ enthält.

Nach der Beschlussfassung im Nationalrat wurde das Medizinproduktegesetz am 22.6.2021 auch vom österreichischen Bundesrat ohne Einspruch genehmigt. Mit der Veröffenlichung des Bundesgesetzblattes  im „Rechtsinformationssystem des Bundes“ am 30.6.2021 ist nun das 122. Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert wird, seit dem 1.7.2021 für Medizinprodukte gültig. Hinsichtlich In-vitro Diagnostika tritt das Bundesgesetz erst mit 26. Mai 2022 in Kraft.

Mit dem geänderten österreichischen Medizinproduktegesetz soll die Sicherheit von Medizinprodukten gewährleistet werden. Unter anderem sind allgemeine Anforderungen an Medizinprodukte (z.B.: Sprachregelungen) festgelegt, ebenso wie die Durchführung klinischer Prüfungen, Überwachungs- und Kontrollmechanismen durch Behörden. Auch der Vertrieb, Medizinprodukteberater und Werbebeschränkungen sowie die Betreiberpflichten werden geregelt. Die Einrichtung von Ethikkommissionen sowie Übergangsbestimmungen in Bezug auf In-vitro-Diagnostika sind ebenso im Gesetz verankert.

Nach den zum Teil wesentlich umfangreicheren Bestimmungen noch in den Entwürfen (beispielsweise die umfangreichen Einschränkungen für „In-house-Produkte“ wurden entfernt und durch eine Verordnungsermächtigung ersetzt) stellt das Gesetz nun weitgehend als eine pragmatische Anpassung an die Medizinprodukteverordnungen dar.

Die aktuelle Fassung des 122. Bundesgesetzes vom 30.6.2021 finden sie hier.

Aktueller Stand EUDAMED

Seit 1. Dezember 2020 stellt die Europäische Kommission das EUDAMED-Registrierungsmodul für Wirtschaftsakteure zur Verfügung. Zur Zeit sind 96 Wirtschaftsakteure (6 Bevollmächtigte, 25 Importeure und 65 Hersteller) mit Sitz in Österreich registriert.

Das System kann schon jetzt für die Registrierung von Herstellern, Bevollmächtigten und Importeuren verwendet werden, noch bevor die Mitteilung über die volle Funktionsfähigkeit von EUDAMED veröffentlicht wurde. Dennoch sollten sich Hersteller, Bevollmächtigte und Importeure weiterhin auch auf die nationalen Bestimmungen in den Mitgliedstaaten beziehen.

Derzeit bekommt der Hersteller so die Single Registration Number (SRN). Die SRN ist bei der Beantragung der Konformitätsbewertung bei einer benannten Stelle künftig nötig und wird auch beim Audit überprüft.

Um die Wirtschaftsakteure bei der Registrierung zu unterstützen, werden im Jun., Okt. und Nov. 2021 Webinare von der Gesundheit Österreich angeboten. Neben allgemeinen Informationen zu EUDAMED und Informationen zur Registrierung bietet sich in den Webinaren auch die Möglichkeit zur Diskussion und zur Klärung offener Fragen -> Webinar zur Registrierung von Wirtschaftsakteuren in EUDAMED.

Ein MDCG – Leitfaden für harmonisierte Verwaltungspraxis und alternative technische Lösungen, bis EUDAMED voll funktionsfähig ist ganz neu verfügbar.


Viel Erfolg bei der Umsetzung!

DI Martin Schmid, Geschäftsführer & Senior-Consultant en.co.tec